Zwei Schwestern, ein Ball, ein Ziel

Der Blog von Peterquelle

Die Klinger-Sisters auf dem Weg zur Weltspitze im Beachvolleyball

Ronja und Dorina Klinger gehören zu den besten Beachvolleyballerinnen der Welt  – und sie haben noch viel vor. Im Interview mit Peterquelle sprechen die Steirerinnen, die aktuell auf Platz 8 der Weltrangliste stehen, über ihre Anfänge im Skisport, wie sie durch Zufall zum Beachvolleyball kamen, über Geschwisterstreits, Coachentscheidungen am College, bittere Niederlagen, Gänsehautmomente und warum Baden für sie mehr als nur ein Turnier ist.

Vom Skianzug zum Sandplatz

Peterquelle: Ihr seid jetzt unter den Top 10 der Welt – aber angefangen habt ihr ganz woanders, oder?

Ronja: Ja, wir waren eigentlich Skifahrerinnen. Papa war unser Trainer. Und wir waren beide in Landeskadern. Aber irgendwann war’s dann so: „Okay, will ich das wirklich für immer machen?“

Dorina: Ich wollte dann in Graz bleiben, nicht wegziehen für irgendein Skiinternat, und bin in die HIB Liebenau gegangen. Und dort hat meine Sportlehrerin gesagt: „Du bist groß, sportlich, das Volleyball lernen wir schon noch.“ Mich hat das dann total schnell fasziniert. Gerade der Unterschied zum Skifahren, wo das Motto ja mehr so „Jeder gegen Jeden“ ist.

Ronja: Und ich habe dann gesehen wie viel Spaß es Dorina macht und bin dann meiner großen Schwester nachgeeifert. Es war einfach was anderes. Nicht allein, sondern im Team. Emotionen, Zusammenspiel, gegenseitiges Vertrauen – das war so viel mehr meins als Skifahren. Gute Voraussetzungen hatten wir ja schon – rein koordinativ, konditionell, von der Athletik her.

Ich glaube wir wollten dann auch den Kontrast haben – weg von der Kälte hin zum wärmsten Sommersport (lacht)…

Peterquelle: Ihr seid Schwestern und spielt zusammen auf Weltklasseniveau. Wie geht das ohne Reibereien?Dorina: Ganz ehrlich – wir sind da nicht besonders gut darin, Arbeit und Privatleben zu trennen. Wir wohnen zusammen, machen viel gemeinsam, fahren auch mal zusammen in den Urlaub oder gehen einfach essen. Aber für uns funktioniert das super, es beeinflusst uns…

„Unser College-Coach wollte uns trennen“

Peterquelle: Ihr habt auch gemeinsam am College in den USA gespielt. Wie war das?

Ronja: Wir waren beide am College und ich kann mich noch erinnern, dass es dann so eine Art Krisengespräch gab. Der Coach wollte nämlich mal schauen, wie wir so mit anderen harmonieren. Dorina ist ja doch ein paar Jahre älter und der Coach meinte, sie sollte mit einer erfahrenen Partnerin spielen. Also wurden wir getrennt.

Dorina: Wir sind drei Jahre auseinander – Ronja hat im Nachwuchs länger U22 und U20 spielen können, ich hatte eher gleichaltrige Partnerinnen. Irgendwann wurde aber klar: Ich bin Blockspielerin, sie Defense – wir ergänzen uns perfekt am Feld und haben dasselbe Mindset. Das ist selten: Oft passt es spielerisch, aber nicht menschlich – bei uns stimmt beides. Für uns war immer klar: Wenn wir das machen, dann zu 1000 %, mit einem gemeinsamen Ziel.

Ronja: Wir haben dann auch die Ergebnisse gehabt, die das gezeigt haben. Gemeinsam waren wir immer stärker.  Und dann haben wir gesagt: „Hey, das ist unser Weg.“ Und der Coach hat’s dann letztendlich auch akzeptiert. Seitdem hat nie wieder jemand versucht, uns zu trennen.

Dorina: Ich glaub, es hat auch viele überrascht, dass Geschwister auf dem Level so gut funktionieren können. Aber bei uns passt das einfach.

„Langkawi war einfach nur Gänsehaut“

Peterquelle: Was waren die bisher größten Highlights für euch?

Ronja: Der emotionalste Moment für mich war definitiv unsere erste World Tour Medaille – damals auf dem niedrigsten Level der Tour in Langkawi. Es hatte über 40 Grad, wir haben wortwörtlich ums Überleben gekämpft. Und dann am Podest zu stehen, diese Medaille umgehängt zu bekommen – das war unglaublich emotional. Vor allem, weil man am Anfang nie weiß: Bin ich gut genug? Schaffe ich das überhaupt? Aber in dem Moment wussten wir: Ja, wir können auf der World Tour ganz vorne mitspielen.

Dorina: Für mich war das Karrierehighlight letztes Jahr ganz klar das Turnier in Rio. Wir haben uns mit einem brasilianischen Trainer ein neues Team aufgebaut und in Rio – unserem gefühlten zweiten Heimturnier – in der höchsten Turnierkategorie den fünften Platz erreicht. Das war unser Durchbruch in die Top 20 der Welt. Es war emotional und unglaublich schön zu sehen, wie viele Menschen hinter uns stehen – ob live vor Ort oder per Stream. Das war für mich das erste Mal, dass ich sagen konnte: Wir sind wirklich angekommen. Wir genießen unsere Entwicklung, unsere Performance – und wir gehören hierher.

„Saquarema hat uns tagelang nicht losgelassen“

Peterquelle: Und die bittersten Niederlagen?

Dorina: Saquarema. Spiel um Platz 5. Es ging um mega Punkte für die Olympia-Quali. Unsere Gegnerin war krank und angeschlagen. Und trotzdem verlieren wir. Komplett ärgerlich.

Ronja: Ja ich glaube da ist einfach der Faden gerissen – wir hatten keinen Fokus mehr. Das hat uns wirklich tagelang nicht losgelassen. Man spielt’s im Kopf wieder und wieder durch. Aber man lernt draus.

„Hydration und Elektrolyte sind ein Gamechanger“

Peterquelle: Welchen Stellenwert hat Regeneration in eurem Alltag?

Dorina: Was wir in den letzten Jahren wirklich gelernt haben: Regeneration ist genauso wichtig wie Training. Gerade vor einem Turnier steht meist nur eine Ball-Einheit an – der Fokus liegt auf Erholung. Schlaf spielt dabei eine zentrale Rolle, vor allem mit Jetlag und Zeitumstellungen. Wir arbeiten mit Schlafritualen, Blue-Light-Blocking-Brillen und allem, was hilft. Auch Ernährung ist ein großer Faktor – wir sind beide Vegetarier, da achten wir besonders auf Proteinzufuhr und hochwertige Lebensmittel. Im Ausland ist das oft nicht so einfach wie in Österreich, wo wir sehr privilegiert sind, was Qualität betrifft. Dazu kommt Hydration: Bei großer Hitze trinken wir den ganzen Tag, achten auf Elektrolyte – und kaufen gefühlt hunderte Wasserflaschen pro Turnier. Das ist ein laufender Lernprozess, der unsere ganze Karriere begleiten wird

„Denn wenn junge Mädchen nur Männerfußball im Fernsehen sehen, fehlt oft die Inspiration. Deshalb braucht es mehr Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit für Frauensport in allen Bereichen

Peterquelle: Ihr sprecht öffentlich über Sichtbarkeit im Frauensport. Warum ist euch das so wichtig?

Dorina: Weil’s einfach eine riesige Schieflage gibt. In Österreich kriegen Frauen gerade mal 14 Prozent der gesamten Sportberichterstattung. Das ist wirklich erschreckend. Du gewinnst ein Turnier, bist international erfolgreich – und kein einziger Journalist ruft an.

Ronja: Wir machen wirklich alles selbst. Wir schreiben unsere Pressemitteilungen selber, schicken die Bilder mit, kümmern uns um alles. In der Hoffnung, dass die Zeitungen das aufnehmen, wenn es ihnen schon am Silbertablett serviert wird. Es kommt niemand von außen auf uns zu. Außer einmal – da war ein Redakteur von der Regionalzeitung dabei, aber auch nur, weil er unsere Mama kennt.Dorina: Genau. Der hat dann was gemacht, aber dass mal jemand von einer großen Zeitung anruft und sagt: „Hey, ihr seid grad Fünfte bei einem Elite16 geworden“ – das passiert einfach nicht. Es wäre schön, wenn Österreich hier einen Schritt weitergeht – unser Ziel ist es, junge Mädchen für Sport zu begeistern. Ganz egal ob Beachvolleyball, Eishockey, Basketball oder Fußball: Sie sollen sehen, dass Sport etwas Cooles ist – draußen aktiv sein, sich bewegen, gemeinsam etwas schaffen. Wir wollen Vorbilder sein, die greifbar sind und mit denen man sich identifizieren kann. Denn wenn junge Mädchen nur Männerfußball im Fernsehen sehen, fehlt oft die Inspiration. Deshalb braucht es mehr Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit für Frauensport in allen Bereichen.

„Baden ist wie heimkommen – aber mit Weltklasse-Niveau“

Peterquelle: Im August steht die World Tour in Baden an. Was bedeutet das Turnier für euch?

Dorina: Das Turnier in Baden hat für uns einen ganz besonderen Stellenwert. Wir spielen für den Badener Beachverein, der uns schon vor fünf Jahren mit offenen Armen aufgenommen hat – und Baden war einer unserer ersten internationalen Auftritte. 2023 haben wir dort gleich doppelt Gold geholt: beim Future-Event und bei den österreichischen Staatsmeisterschaften. Für uns ist es emotional wie sportlich ein Heimturnier – unsere ganze Familie reist aus ganz Österreich an, um uns dort zu sehen.

Ronja: 2023 war einfach ein Wahnsinn. Erst Future gewonnen, dann gleich die Österreichische Meisterschaft. Das war wie ein Flow, den man nicht planen kann. Und jetzt wird das Turnier auf Challenge-Level gespielt. Das heißt: Weltklasse-Teams kommen zu uns nach Niederösterreich. Das ist riesig.

Dorina: Aber auch für den heimischen Beachvolleyball ist Baden enorm wichtig. Es ist heuer das einzige große internationale Event in Österreich – und ein essenzieller Schritt, um junge Spieler*innen zu inspirieren und dem Sport die Sichtbarkeit zu geben, die er verdient. Dass Baden heuer auf das Challenge-Level aufgestockt hat, ist ein riesiger Gewinn.

Geringe Reisekosten, gestelltes Hotel, Top-Organisation – das bietet jungen Teams eine echte Chance, internationale Erfahrung zu sammeln und wichtige Punkte zu holen. Wildcards machen das Turnier besonders attraktiv für den Nachwuchs.

Ronja: Wie freuen uns extrem darauf –  natürlich ist eine Medaille ein Ziel – aber wir wollen uns keinen unnötigen Druck machen. Unser Fokus liegt klar auf unserer eigenen Performance. Wir spielen unser Spiel, geben alles – und schauen dann, was am Ende möglich ist. Die Stimmung wird sicher großartig, und wir freuen uns einfach darauf, vor heimischem Publikum aufzutreten.

Olympia 2028: Der große Traum

Peterquelle: Was ist euer langfristiges Ziel?

Dorina: Ganz klar: Olympia 2028 in Los Angeles. Wir waren schon ganz knapp an Paris dran. Das hat wehgetan. Aber es zeigt: Wir sind nah dran.

Ronja: Unser Coach sagt immer: „Erfolg ist die Konsequenz deiner Arbeit.“ Und genau daran glauben wir. Wir sind noch lange nicht fertig.

Peterquelle: Danke euch beiden für das ehrliche Gespräch – und alles Gute für Baden!Ronja & Dorina: Danke euch! Wir freuen uns riesig. Und sehen uns am Court

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